Die Rückreise (Teil 2 /Spanien Frankreich )

Die Nacht in Algeciras war ruhig. Wir standen auf einem großen Parkplatz der vornehmlich von französischen Wohnmobilisten genutzt wird, die am nächsten Morgen die Fähre nach Marokko nehmen wollen. Ganz in der Nähe sind auch viele Einkaufsmärkte und so nutzen wir die Gelegenheit unsere Vorräte aufzustocken, bevor wir nach Benalmádena zu Charline und Karl fahren. Die beiden stehen in den Startlöchern für ihren Segeltörn auf die Kanaren, wo das Boot den Sommer über liegen soll, bevor sie dann den Atlantik in Richtung Karibik überqueren wollen.

Wir verbringen also den letzten Nachmittag und Abend mit den beiden an Board von Pelican, bevor wir uns am nächsten Morgen um 9:00 Uhr aufmachen in Richtung Alpen.

Abendessen auf Pelican

Waschtag bei Pelican

Wir beschließen so schnell wie möglich Spanien zu durchqueren und wenn möglich in der Nacht noch Grenoble zu erreichen. Somit stehen ca. 1600km Fahrt an. Auf dieser Reise haben wir es erstmals ausprobiert jeweils nach 1h einen Fahrertausch zu machen, was erstaunlich gut klappt. Nur in der Nacht fahre ich dann länger, da es für Marinas Augen sehr anstrengend ist wenn sie in der Dunkelheit fährt. Gesagt, getan…wir schaffen immerhin 1298km zu fahren und parken um 02:15 Uhr auf einer Autobahnraststätte in der Nähe von Montpellier.

Benalmádena nach Montpellier

Das erste Ziel auf unserer Alpendurchquerung von West nach Ost wird La Plagne sein. Ich kenne diesen Ort nur von Erzählungen, bin selbst allerdings noch nie da gewesen. Ab Grenoble verschlechtert sich das Wetter zunehmend. Aus strömendem Regen wird langsam Schneefall und ich komme in mein Element; Schließlich wollen wir Karlchen auf Herz und Nieren bzw. besser gesagt auf seine Wintertauglichkeit prüfen. Somit ist es für uns nur gut, wenn das Wetter in seinen Extremen verrückt spielt. Die Schneeflocken die vom Himmel fallen können Karlchen allerdings recht wenig anhaben, so dass meine Euphorie gleich wieder einen Gang zurückschaltet…wann kommt denn nun endlich das „Schneechaos“ der Alpen, von dem die Medien seit Wochen berichten???

Einige Kilometer später endlich ein Lichtblick: Die Navigation zeigt ein Bild, was mich zum Frohlocken bringt! Die Straße nach La Plagne sieht endlich nach einer kleinen Herausforderung aus, auch wenn sie zu Beginn nicht verschneit ist.

Straße nach La Plagne

Plagne-Villages liegt auf 2050m. Die Passstraße muss also 1000 Höhenmeter überwinden. Ich gehe also davon aus, dass die Straße noch zugeschneit sein sollte wenn wir oben ankommen! Und genau so ist es auch! In La Plagne herrscht tiefster Winter und es beginnt leicht zu schneien. Der Stellplatz für Campingmobile ist sehr einfach gehalten, hat aber alles was wir brauchen und kostet nur 22€ incl. Strom. Das Highlight ist die Lage. Wir stehen 20 Meter von der Piste entfernt. Man kann also einfach die Ski anschnallen und los geht’s! (Leider haben wir keine Ski dabei)

Wir parken an der für uns schönsten Stelle und drehen die Heizung auf, da es in der Zwischenzeit schon -6°C hat und in der Nacht Temperaturen von bis zu -11°C gemeldet sind. Der Schneefall wird mehr und wir genießen den Blick nach draußen.

La Plagne Stellplatz
La Plagne

Nach einer ruhigen Nacht ohne Ausfälle und Zwischenfälle öffnen wir gespannt die Verdunklung der Fenster. Es hat geschneit und zwar reichlich. So reichlich, dass der Schneeflug bereits in den frühen Morgenstunden begonnen hat den Platz zu räumen. Einen Wecker haben wir somit nicht gebraucht.

..der nächste Morgen

Meine Begeisterung kennt keine Grenzen. Endlich haben wir die Bedingungen auf die wir, oder besser ich, gewartet haben. Schnee, Schnee und nochmal Schnee! Ich kann es kaum abwarten nach draußen zu kommen und die Vorbereitungen für die Abfahrt zu treffen. Marina findet es drinnen allerdings auch ganz gemütlich. Nach einer kurzen Lagebesprechung und Routenplanung beschließen wir zum ersten Mal die Ketten anzulegen. Kein Problem denke ich mir…haben wir ja zu Hause an einem demontierten Rad schon mal gemacht. Naja, ich lege die Ketten vor den Reifen der Vorderachse aus und fahre Karlchen mittig auf die Kette, um sie fachgerecht zu montieren. Kurz nach dem Starten des Motors ziehe ich bereits die ersten neugierigen Blicke der anderen Wohnmobilisten auf dem Platz auf mich. Kein Problem, die sollen ruhig staunen denke ich mir…und was soll schon schief gehen? Haben wir doch zu Hause geübt…

Ketten

Es vergehen weniger als 5 Minuten und der Fahrer des Schneepflugs, der mich schon die ganze Zeit bei meinen Vorbereitungen beobachtet hatte, hält an, öffnet seine Tür und probiert mir auf französisch zu erklären, dass das was ich da mache eher nicht zum Erfolg führen wird. Als wenn der Typ sich mit meinem Auto und meinen Ketten auskennen würde…! Ich lächele ihm freundlich zu, tue so, als wenn ich seine Ratschläge, die ich ohnehin nicht verstanden habe, beherzigen würde und mache weiter. So ein Scheiß…irgendwie war das zu Haue alles einfacher…Da war es auch nicht so kalt, hat nicht geschneit und es war auch kein Auto um den Reifen herum…

Kette montiert zu Hause

Aber das kann ja kein Hexenwerk sein und ich versuche es weiter. Marina hilft, kann sich aber auch keinen Reim darauf machen, warum die Kette irgendwie zu klein ist. Der Fahrer des Schneepflugs hält erneut an und steigt dieses Mal aus. Er marschiert mit erhobenem Finger schnurstracks auf das Rad und die Kette zu, um das Ruder an sich zu reißen. Naja, denke ich mir, warum eigentlich nicht…soll er mal machen. Nach 1 Minute dann die Diagnose: Die Kette ist zu klein, oder das Rad eben zu groß. Das Fazit erleichtert mich, andererseits bedeutet das auch, dass wir jetzt keine Ketten haben, die wir einsetzen könnten, wenn wir müssten. Ich erinnere mich kurz an unsere Fahrt den Berg hoch nach La Plagne, denn den müssen wir jetzt wieder runter. Wird schon nicht so schlimm denke ich mir, es hat ja schließlich nur nen halben Meter Neuschnee gegeben…

Wir packen also unsere Sachen und fahren langsam los. Ich muss gestehen, dass ich schon etwas aufgeregt bin, denn der Anstieg gestern war wirklich steil, es gab auf der ganzen Strecke keine Leitplanken und ich habe Karlchen mit den Reifen noch nie im Schnee bewegt. Es folgen erste Bremsversuche und ich stelle fest, es geht deutlich besser als erwartet. Karlchen hat auch ABS und mit der Motorbremse und der eingelegten Getriebeuntersetzung kann ich auf das Bremsen nahezu verzichten. Es beginnt Spaß zu machen und ich sehe mich schon rasant den Pass hinunter fahren. Das trifft auch ein, aber leider ist die Strecke nach 1 km nahezu geräumt und meine Hoffnung auf Abenteuer ist beendet.

Die nächste Station soll Chamonix sein. Wir wollen den höchsten Berg der Alpen sehen, den Mont Blanc. Der Weg führt uns über Albertville und von da aus über Passstraßen nach Megeve. Hier finden wir endlich ein Geschäft was Karabiner Haken verkauft, die wir zur Verlängerung unsrer Schneeketten benötigen. Ab jetzt sind die Ketten also wieder für einen Einsatz bereit.

Angekommen in Chamonix ist uns der Anblick des Mont Blanc nicht vergönnt, da es mal wieder schneit. Chamonix kann uns auch nicht vom Hocker reißen, so dass wir uns umentscheiden und direkt nach Zermatt fahren.

Direkt, ist allerdings eher falsch gesagt, denn leider müssen wir feststellen, dass wir einen Pass übersehen haben: Den Col de Montets. Dieser ist leider für uns gesperrt, was bedeutet, dass wir einen „kleinen“ Umweg nehmen müssen.

Chamonix nach Zermatt (so wollten wir fahren)
Chamonix nach Zermatt (so mussten wir fahren)

Der Weg entlang am Genfer See ist schön, aber es schüttet wie aus Eimern. Dann kommen wir wieder in höhere Lagen und der Regen wird zu Schnee. Auf einer Landstraße gerät der Verkehr auf einmal ins Stocken. Ein Baum, der durch den nassen Schnee umgefallen ist versperrt die Fahrbahn. Zwei Mitarbeiter eines Schneepflugs versuchen direkt vor unseren Augen den Baum von der Fahrbahn zu räumen…vergeblich. Das könnte zu einem Einsatz für uns und Karlchen werden. Marina fragt nach unserer kleinen Handsäge, die wir in Marokko erstanden haben. Ich denke da eher an einen Großeinsatz! Meine Gedanken: Karlchen wenden, den Baum ans Abschleppseil anleinen und unter dem tosenden Applaus aller Zuschauer samt Wurzel von der Straße ziehen. Während ich den Einsatz im Kopf plane, steigt Marina schon aus um den Arbeitern zu helfen und ehe ich mich versehe, tun ihr andere Autofahrer gleich. Mein Einsatz ist geplatzt, ich steige auch aus um zu helfen und ehe ich mich versehe ist der Baum von der Straße entfernt…schade!

der umgekippte Baum

Wir setzen die Fahrt fort und ehe wir uns versehen wartet schon der nächste Einsatz auf uns. Ein Auto ist in den Straßengraben gerutscht und der Unglücksfahrer versucht mit Hilfe eines anderen Fahrzeugs das seinige zu bergen…ohne Erfolg. Wir halten und bieten unsere Hilfe an. Zunächst sieht man unsere Hilfe als kritisch an, willigt jedoch wenig später ein. Wir legen dem Fahrzeug unser Abschleppseil an und 10 Sekunden später ist das Auto geborgen. Warum freut mich dieses Aktion ganz besonders? Es war ein schwarzer Dacia Duster 4WD, den wir geborgen haben. Ja genau, dieses kleine Auto, was uns in Marokko schon eine Menge Kopfzerbrechen gemacht hatte, weil es so unbesiegbar war. Jetzt endlich hatte es seinen Meister gefunden und konnte sich nicht selbst befreien 🙂

Vollkommen durchnässt, aber glücklich den Leuten geholfen zu haben setzen fahren wir weiter. Um 22:00 Uhr kommen wir auf dem Campingplatz in Randa (Vorort von Zermatt) an. Es ist sehr kalt und es hat jede Menge Neuschnee gegeben, was uns voller Spannung den nächsten Morgen erwarten lässt.

der Blick aus dem Fenster am Morgen in Randa
Fotosession
Ausblicke

Zermatt ist mit dem Auto nicht erreichbar. Somit müssen alle Besucher ihre Fahrzeuge in Täsch abstellen und von dort mit der Bahn, oder dem Taxi in die Stadt fahren. Der Eigentümer des Campingplatzes sagt uns, dass um 9:00 Uhr automatisch ein Taxi kommt, mit dem wir fahren können. Es ist also Eile geboten, um pünktlich an der Straße zu stehen. Wenig später sitzen wir im Taxi und genießen den Anblick der Berge. Das Wetter meint es gut und wir sind gespannt auf das berühmte Matterhorn, dessen berüchtigte Nordwand von Zermatt zu sehen ist.

Vom Taxistand am Anfang der Stadt wandern wir nun in Richtung Matterhornbahn. Zermatt ist wunderschön und wir sind begeistert, dass nur kleine Elektrofahrzeuge fahren. Es sind winzige Busse, die Hotelgäste und Güter von A nach B bringen. Das ist mehr als angenehm. Des Weiteren gibt es keine großen Hotels die Zermatt verschandeln. Alles ist so rustikal und ursprünglich. Die Architektur besticht durch Holz und Naturstein. Diese Materialen werden sowohl bei alten, als auch neuen Häusern verwendet. Es ist unglaublich stimmig. Die Boutiquen sämtlicher Weltmarken sind vertreten, fallen aber nicht unangenehm auf. Man hat nicht das Gefühl in dem vielleicht exklusivsten Skiort der Alpen zu sein, sondern man fühlt sich einfach nur gut! Ich habe in den vergangenen 45 Jahren viele Skiorte gesehen, muss aber sagen, dass Zermatt der wirklich schönste Ort von Allen ist (ich hätte das nicht vermutet)!

Das Matterhorn

Und dann sehen wir es endlich: Das Matterhorn. Dieser Berg ist unglaublich schön, beeindruckend und einzigartig. Wir sind so glücklich, dass das Wetter mitgespielt hat und wir den Anblick genießen durften.

Für einen Moment überlegen wir mit der Schwarzseebahn zu fahren, um einen noch besseren Blick auf den Berg zu haben, allerdings sind uns 76€ dann doch zu viel für ein Foto. Also wandern wir wieder zurück durch die Stadt, trinken noch einen Kaffee und lassen uns mit dem Taxi zurück zu Karlchen bringen.

Der ehrwürdige Zermatterhof
Skulptur aus Dosen
ein weiteres Verkehrsmittel in Zermatt
Der Fluss Gornera

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